Kinder und Jugendliche werden in der Corona-Krise sträflich vernachlässigt. Damit riskieren wir nicht nur ihre soziale Entwicklung, sondern vor allem die Bildungschancen einer ganzen Generation.
Die Stellungnahme von vier medizinischen Fachgesellschaften vom Mai hatte es in sich: „Kitas, Kindergärten und Grundschulen sollen zeitnah - unter Berücksichtigung der regionalen Neuinfektionsrate und der vorhandenen Kapazitäten - wieder eröffnet werden“ heißt es im ersten Satz.
Für die Freien Demokraten und mich ist deshalb klar: pauschale, weitreichende Schließungen sind nicht mehr verhältnismäßig. Denn mit jedem Tag, den Kitas und Grundschulen geschlossen sind, riskieren wir die soziale Entwicklung von Kindern und Jugendlichen und setzen die Bildungschancen einer ganzen Generation aufs Spiel.
Die vergangenen Wochen haben gezeigt, dass Kinder ganz besonders unter der Corona-Krise leiden. Nicht nur fehlt ihnen ihr gewohntes Umfeld für ihre soziale Entwicklung. Auch die Gefahr für Kinder und Jugendliche, in Zeiten von Corona von der Familie verstärkt Misshandlung und Missbrauch ausgesetzt zu sein, nimmt zu. So verzeichnet etwa das Sorgentelefon "Nummer gegen Kummer" rund 20 Prozent mehr Anrufe als sonst. Und auch die medizinische Kinderschutz-Hotline, bei der sich Ärzte bei Missbrauchsverdacht beraten lassen können, wird verstärkt nachgefragt. Laut einer Umfrage des Demoskopischen Institutes Allensbach beobachten zudem 77 Prozent der Eltern, dass ihre Kinder unter den Einschränkungen leiden, 41 Prozent berichten sogar von einem erheblichen Leidensdruck. Viele Eltern fühlen sich überfordert, die Aufgaben der Schule mit zu übernehmen; das gilt insbesondere für Eltern aus den schwächeren sozialen Schichten. Als Freier Demokrat bin ich davon überzeugt, dass wir allen Kindern die gleichen Bildungschancen ermöglichen müssen. Gerade Kinder aus sozial schwächeren Schichten hängen wir aber mit jedem Tag, an dem Schulen und Kitas geschlossen sind, mehr ab. Damit schmälern wir ihre Bildungschancen. Und das dürfen wir nicht riskieren! Eines dürfen wir in der Debatte über die Lockerungen zudem nie vergessen: Kinder brauchen Kinder zum Spielen, Lernen und Aufwachsen.
Aus meiner Sicht müssen wir Kindern, Jugendlichen und Eltern endlich wirkliche Priorität in der Corona-Krise einräumen. Und das bedeutet: Bund und Länder müssen dringend ihre Anstrengungen verstärken, Schulen und Kitas zum Regelbetrieb zurückzubringen. Zwar gehen einige wenige Länder mit gutem Beispiel voran, doch die verbleibenden Länder müssen dringend nachziehen.
Bis der zur vollständigen Rückkehr zum Regelbetrieb können Eltern zumindest ein wenig aufatmen. Denn nach vollkommen unnötigen Querelen innerhalb der Bundesregierung hat sich die Große Koalition darauf einigen können, die Lohnfortzahlung fortzusetzen. Die Verlängerung der Lohnfortzahlung war unumgänglich. Bei der urplötzlich herrschenden Einigkeit zwischen CDU/CSU und SPD drängt sich jedoch die Frage auf, weshalb diese unnötige Diskussion auf Kosten der Familien überhaupt geführt wurde. Zum Glück steht nun fest: Eltern, die wegen weiter geschlossener Schulen und Kitas nicht arbeiten können, bis zu zehn Wochen lang eine Lohnfortzahlung; bei Alleinerziehenden sind es bis zu 20 Wochen. Wie beim Kurzarbeitergeld werden 67 Prozent des Nettoeinkommens gezahlt, maximal 2.016 Euro im Monat.
Gemeinsam mit meinen Kolleginnen und Kollegen in Bund, Ländern und den Kommunen werde ich mich weiter dafür stark machen, dass Kinder in der Corona-Krise nicht vergessen werden.
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